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  • Amanda Blatter

Interview Cook Concern

Aktualisiert: 28. Mai 2020



Über meine Arbeit als Private Chef, den Ursprung des Namens Pompadour und über den Unsinn von Foodtrends.




Du hast an der Züricher Hochschule für Künste studiert. Kulinarik ist auch eine Art der Kunst. Wie und warum hast Du in die Kulinarik gewechselt?

Ich habe 2008 meinen Master in Kultur- und Medienwissenschaften an der ZHdK absolviert. Als ehemalige Sängerin, Audioproduzentin und Sprachregisseurin brauchte ich einen neuen theoretischen Input und dieses Studium war das Bindeglied zwischen zwei Branchen. Während und nach dem Studium habe ich mich mit Caterings und allerlei kleineren Aufträgen autodidaktisch durch die Küchen Zürichs durchgearbeitet. Schlussendlich habe ich auch meine Masterarbeit über „Die ästhetischen Verfahren zeitgenössischer und kulinarischer Inszenierungen in der avantgardistischen Sternengastronomie“ verfasst. Die Audiobranche, sowie auch das Küchenhandwerk weisen beide die Parallelen auf, dass Sie beide eine handwerkliche Arbeit und einen Kontext bedingen und der Konsum des Endprodukts flüchtig ist.

Heute arbeitest Du als Private Chef Pompadour. Für die es nicht wissen, was bedeutet Pompadour?


Madame de Pompadour war eine bedeutende weibliche Geschichtsfigur, die mich schon seit Kindstagen fasziniert. Sie verstand es als Bürgerliche, den Hofstaat von Louis XV in politischen, sowie auch schöngeistigen Belangen als einflussreiche Ratgeberin zu steuern.

Deshalb steht für mich der Name Pompadour für Ästhetik, Eleganz und Kunstsinn und widerspiegelt die Vollendung einer einfachen Küche, die es sich zur Aufgabe macht Simples zu Schönem und Notweniges zu Luxus zu machen.

Jeder Start ist schwer. Wie erinnerst Du Dich an Deinen Start als Privat Köchin?

Ich wusste schnell, dass ich nicht in Grossküchen einen Posten belegen wollte, sondern den direkten Kontakt zum Kunden suchte. Durch mein Netzwerk wurde ich einer Expat Familie empfohlen und durfte dort mein erstes Jahr als Privatköchin absolvieren. Die grösste Herausforderung am Anfang war meine Kunden so kennen zu lernen, dass ich nicht nur deren Essgewohnheiten kannte, sondern auch kurzfristig angekündigte Gästescharen mit verschiedenen Ernährungsbedürfnissen unter einen Hut zu bekommen.

Schlussendlich hatte ich das grosse Glück für eine Familie zu arbeiten, welche mir gegenüber nicht nur grosszügig war, sondern mich immer respektvoll behandelte.

Wie große ist die Bandbreite deiner verschiedenen Kunden? 

Mein Schwerpunkt fester Anstellungen liegt in Expat Familien oder Paaren. Durch meine Sprachkenntnisse und den vielen Reisen in ferne Länder bin ich mit verschiedenen Kulturen vertraut. Dieses Wissen äussert sich nicht nur darin auf die entsprechenden Essgewohnheiten eingehen zu können, sondern auch den kulturell geprägten Lebensstil und die weltlichen Perspektiven des einzelnen Kunden wahrzunehmen.

Hin und wieder koche ich auch vereinzelt für den Schweizer Mittelstand.

Was ist der große Wachstumsmarkt im Bereich privat cooking: Kochen daheim bei deinen Kunden für eine Partie; Kochen für interessierte die es lernen möchten, für Firmen… ? 


Private Chefs werden weltweit eher den elitären Kreisen zugeordnet. So stellt eine Öffnung der Dienstleistung, so fern dies die verfügbare Zeit erlaubt, mit zugänglichen Aktivitäten wie ein gemeinsamer Marktbesuch, einen Kochkurs oder Eventspezifisches Kochen gemeinsam mit dem Privatkunden oder auch auf Corporate Ebene ein spannender Kontrast dar.

In Spanien ist ein großer Trend das Kochen für Touristen in heimischer Atmosphäre beim Koch zuhause. Wie siehst Du den Markt dafür in der Schweiz; wo es ja auch sehr viele internationale Touristen gibt. 


Ich finde diesen Ansatz sehr spannend. Die grösste Herausforderung hierfür ist wohl die Akquisition und Kommunikation mit dem Touristen, welcher die lokale Küche praktisch erfahren möchte. Zum anderen sehe ich in der Schweizer Gastronomie die Problematik der „No-Shows“ bei Reservationen von Touristen. Viele erscheinen nicht ohne abzusagen, da der Tagesablauf eines Touristen von kurzfristigen Entdeckungen und spontanen Trips meist festgelegte Pläne durchkreuzt. Somit hätte ein Privatkoch, der eingekauft hat und auf seine Gäste wartet, mit finanziellen Einbussungen für einen geringen, sowie auch nicht nachhaltigen Ertrag zu rechnen. Eine Plattform, welche all diese Herausforderungen managt und das Bindeglied zwischen Koch und Kunde darstellt wäre wohl die effizienteste Lösung.

Apropos Schweiz; welche kulinarischen Trends/ neue Entwicklungen siehst Du hier? 


Die Schweiz ist als wohlhabendes Land mit vielen kulinarisch affinen Menschen ein Sammelsurium für Trends, welche so schnell auftauchen wie sie auch wieder verschwinden. Für mich sind Trends auf jeder Ebene absolut uninteressant. Eine Entwicklung, die mir persönlich gut gefällt ist das aufsteigende Bewusstsein über die Herkunft oder die Produktionsbedingungen einzelner Lebensmittel. Wer sich gutes und fair produziertes Essen leisten kann ist meist auch gut gebildet und scheut daher keine Mühen intelligent und nachhaltig einzukaufen. Hinzu kommt die mehr und mehr verbreitete Auffassung bezüglich einer Verringerung von Foodwaste. So denken und handeln vor allem mittlerweile grosse Kantinen oder Gastrounternehmer um und sensibilisieren so den Konsumenten.

Was bedeute für dich moderne schweizerische Küche?

Das Wort „modern“ finde ich küchentechnisch etwas inflationär und suggeriert durch den „avantgardistischen“ Gebrauch von Pülverchen und Schäumchen ein schon wieder altbackenes Bild. Als zeitgenössische Schweizer Küche sehe ich zum einen das Verständnis Schweizer Traditionsgerichte wieder vermehrt aufleben zu lassen und vergessene Zutaten zu implementieren. Andererseits ist ein klassisches Zürcher Geschnetzeltes, ein Fleischvogel oder eine Walliser Cholera in seiner ursprünglichen Rezeptur für meinen Geschmack nicht mit neuzeitlichen Sperenzchen zu verschandeln.


Du schätzt sehr transparent und saisonal produzierte Lebensmittel,

meist von Produzenten, die Du nicht nur persönlich kennst, sondern welche selbst einen hohen ethischen und sinnvollen Standard für ihre Produkte anstreben. Schätzen es auch alle Deiner Kunden? 

Die meisten meiner Kunden haben selbst wenig Zugang zum Thema Lebensmittel, da sie beruflich sehr eingespannt sind. So ist die Neugier wie auch die Wertschätzung über die Herkunft meiner Einkäufe eher gering. Aber das ist auch in Ordnung, Hauptsache es schmeckt Ihnen.:-)

Und wenn mein Kunde im Dezember Erdbeeren möchte, dann bekommt er sie auch. Ich bin in keiner Position dogmatisch zu sein.

Ich hatte aber mal einen Kunden in Los Angeles, der jeden Samstagmorgen darauf bestand mit mir durch den Farmers Market zu schlendern und seine Zutaten fürs Abendessen nach Lust und Laune selbst auszuwählen.

Der Mann nutze seinen Erfolg und Namen aber auch für politische und gemeinnützige Projekte, somit war auch die Auseinandersetzung mit Nahrung ein essentieller Teil seines weltlichen Beitrags.







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